„Ich bin nicht kleinzukriegen.“

Stephan Lorscheter musste nach einem Schädelhirntrauma alles neu lernen

„Ich bin nicht kleinzukriegen“. Stephan Lorscheter sagt das langsam, konzentriert und voller Ernst. Der 39-Jährige weiß, was es heißt, zu kämpfen. Durch einen Motorradunfall vor vier Jahren erlitt er ein diffuses Schädelhirntrauma. Seitdem arbeitet er sich vom Schwerstpflegefall zurück in die Selbstständigkeit. Nach schwierigen Reha-Zeiten während der Coronapandemie, zahllosen Therapiestunden und vielen Neuanfängen holt Stephan Lorscheter sich im Ambulanticum den „Feinschliff“, wie er sagt. In dem Herdecker Therapiezentrum hat er seine „Wunderwerkstatt“ gefunden.

Prognose: Schwerstpflegefall

Der Name kommt nicht von ungefähr: Für Stephan Lorscheter und seine Familie gleicht es einem Wunder, dass der gelernte Heizungsbauer heute wieder sprechen und am Rollator gehen kann. „Uns wurde kurz nach dem Unfall gesagt, Stephans Gehirn sei zu 90 bis 95 Prozent defekt. Er würde immer ein Schwerstpflegefall bleiben“, erinnert sich seine Mutter an die schlimmen Tage der Sorge und Ungewissheit. „Ich bin sicher, hätten wir ihn zur Organspende freigegeben, wäre er nicht mehr am Leben.“ Aber Stephan Lorscheter lebt.  Nach zwei Reanimationen und sechs Wochen im Koma wachte er wieder auf – an dem Morgen, nachdem sich seine Eltern auf Raten der Ärzte schon verabschiedet hatten.

Alles neu lernen

Nach zwei weiteren Wochen Klinikaufenthalt ging es für den Saarländer in die Frühreha. „Dort wurde er sehr gut versorgt und hatte eine 24-Stunden-Betreuung“, erzählt seine Mutter Beatrix Puhl. Doch dann kam Corona. Stephan Lorscheter musste den Beatmungsplatz frei machen, kam auf eine andere Station, seine Eltern durften nicht mehr zu ihm. „Da wurde er aufgrund seines starken Tremors fünffach am Bett fixiert, 24 Stunden lang. Nur für die Logopädie wurde er losgebunden “, so Beatrix Puhl. „Das waren wirklich schlechte Erfahrungen.“ Zurück zu Hause sorgt ein 24-Stunden-Pflegedienst für Stephan Lorscheter, er erhält Logopädie und Ergotherapie, wird viel mobilisiert. „Alles, was ich jetzt kann, musste ich ganz neu lernen“, so Lorscheter. Er erkämpft sich seine Sprache zurück, wird Linkshänder, weil sein rechter Arm vom Tremor geschüttelt wird, lernt, mit dem Rollstuhl zurechtzukommen.

Im Rollstuhl rein, am Rollator raus

Im Rollstuhl beginnt er auch seine erste Intensivtherapie im Ambulanticum. Mit seinen Therapeuten schult er sein Gleichgewicht, trainiert viel auf dem C-Mill, dann am Lokomat. Weil sein Kurzzeitgedächtnis seit dem Unfall nicht gut funktioniert, macht er Hirnleistungstraining, bekommt Ergotherapie und Logopädie. „Die Therapie im Ambulanticum ist ganz auf den Patienten ausgerichtet“, so Lorscheter, der bereits nach der ersten Intensivtherapie das Ambulanticum mit dem Rollator verlassen konnte. Mittlerweile war er noch weitere zwei Male in Herdecke. Eine weitere Intensivtherapie ist beantragt. Schließlich hat Stephan Lorscheter noch große Pläne. „Ich möchte wieder arbeiten gehen und selbstständig in einer eigenen Wohnung leben“, verrät er. „Einfach ein normales Leben führen. Und dafür gebe ich weiter Vollgas.“



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