Reiten trotz Rollstuhl

Deutsche Vizemeisterin Gianna Regenbrecht trainiert im Herdecker AMBULANTICUM®

Gianna Regenbrecht hat ein klares Ziel vor Augen: Sie möchte als Dressurreiterin Erfolg haben. Dafür trainiert die 25-Jährige hart – auch im Herdecker Ambulanticum. Denn die Studentin aus Münster ist querschnittsgelähmt und seit einem Reitunfall vor fünf Jahren auf einen Rollstuhl angewiesen. Ihr Ziel hat sie dennoch nie aus den Augen verloren. Und ihr Einsatz zahlt sich aus: Die gebürtige Lippstädterin gehört mittlerweile zum Nachwuchsteam der deutschen Para-Dressurreiter.

Diagnose Querschnitt
Geritten ist Gianna Regenbrecht eigentlich schon immer. Ihr Opa war der Pferdefan in der Familie und hat sie „überall draufgesetzt“, erzählt die junge Frau und muss lachen. Reiten liegt ihr. Sie hat Talent. Und Ehrgeiz. Dann kam der Unfall. Gianna Regenbrecht stürzte vom Pferd, brach sich den zweiten Lendenwirbel, Knochensplitter durchlöcherten das Rückenmark. Diagnose: Querschnitt.

Aufgeben war keine Option
„Natürlich war das ein extremer Einschnitt in meinem Leben“, blickt die Medizinstudentin zurück. Aber sie resigniert nicht. „Ich habe während meiner Therapien viele Rollstuhlfahrer kennengelernt. Entweder sie geben nach der Diagnose auf – oder Gas. Ich habe Vollgas gegeben.“ Nach sechs Wochen im Krankenhaus kann sie mit dem Zeh wackeln. Ein Zeichen, dass „da unten doch etwas ankommt.“ Gianna Regenbrecht beginnt zu trainieren, kämpft sich zurück ins Leben. Ihr ist klar: Sie möchte wieder reiten.

Den Alltag meistern
„Man muss sich durchbeißen, sich aufraffen. Jeden Tag aufs Neue“, so die sympathische junge Frau. Ihr Ehrgeiz ist dabei eine große Hilfe. Ebenso wie die Arbeit von Ärzten und Therapeuten, der Einsatz von Familie und Freunden. „Alleine geht es nicht. Man braucht natürlich auch Unterstützung“, weiß die Dressurreiterin, die mittlerweile ihren Alltag wieder allein meistern, selbstständig stehen und mit Krücken einige Schritte laufen kann.

Gang- und Krafttraining
Ihre Lauffähigkeit möchte Gianna Regenbrecht auch mit Hilfe des Ambulanticum weiter fördern und verbessern. Seit 1,5 Jahren kommt sie regelmäßig zu vier- bis fünfwöchigen Therapieeinheiten nach Herdecke. „Heute war ich bereits für eine Einheit auf dem Lokomaten“, sagt die Studentin und zeigt auf den robotikgestützten Gangtrainer. Ausdauer- und Krafttraining stehen zudem auf dem Therapieplan. „Das Training hier ist sehr vielseitig“, so Gianna Regenbrecht. „Es gibt mir immer viele neue Denkanstöße und wertvollen Input.“

Foto: Privat

Therapieansätze kennenlernen
Inspiration versprechen sich auch Rolf Grebe, Co-Trainer der Para-Dressurreiter, und Elke Lindner vom Deutschen Kuratorium für Therapeutisches Reiten von ihrem Besuch im Ambulanticum. Sie begleiteten Gianna Regenbrecht im Sommer einen Therapietag lang. „Wir möchten uns darüber informieren, wie Gianna hier arbeitet und gleichzeitig Therapieansätze kennenlernen, die man möglicherweise in unseren Trainingseinheiten anwenden kann“, erklärt Rolf Grebe – und probiert gleich einen Prototyp zur rhythmischen Bewegungsanbahnung aus.

Studium und Sport
Währenddessen geht es für Gianna Regenbrecht bereits zur nächsten Trainingseinheit. Ihr Zeitplan ist genau getaktet. Auch nach ihrem Aufenthalt im Ambulanticum. „Es ist schon ein Spagat zwischen Sport und Studium“, erzählt die Medizinstudentin. Neben dem Unialltag trainiert sie vier bis fünf Mal in der Woche mit Trainerin Claudia Lange und Pferd Selma. Mit der neunjährigen Stute hat sie bereits 2018 bei den Deutschen Meisterschaften den 5. Platz belegt. In diesem Jahr wurde sie deutsche Vizemeisterin der Para-Dressur, reitet ihre erste internationale Saison. Ein großer Erfolg – und ein Ansporn weiterzumachen. Denn Gianna Regenbrecht hat ihr Ziel fest vor Augen: „Ich möchte ganz oben mitmischen und sehen, wie weit ich komme.“



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