„Ich musste ganz von vorne anfangen.“

Georg S. kann nach Querschnittlähmung wieder laufen

Der 6. Dezember 2016 war ein ganz normaler Arbeitstag für Georg S.. Der Maler und Lackierer arbeitete gerade in drei Metern Höhe, als er von der Leiter fiel. Er stürzte zu Boden. Die Leiter traf ihn am Kopf. Der Iserlohner erlitt ein offenes Schädelhirntrauma, brach sich einen Lendenwirbel. „Es ging gar nichts mehr“, sagt Georg S.. „Ich musste ganz von vorne anfangen.“ Im Ambulanticum fand er die richtige Therapie: Heute kann Georg S. wieder laufen. Doch bis dahin war es ein langer Weg.

Ein Rettungshubschrauber brachte Georg S. ins Krankenhaus, wo er ins künstliche Koma versetzt wurde. Die Diagnose lautete: inkomplette Querschnittslähmung. Die Prognose ließ offen, ob der heute 52-Jährige jemals wieder laufen können wird. Eine lange Reha- und Therapiegeschichte begann. Wochenlange Krankenhausaufenthalte, langes Warten auf einen Betreuungsplatz. Denn zurück ins eigene Zuhause konnte Georg S. erst einmal nicht. Er brauchte Hilfe – rund um die Uhr.

Motiviert statt deprimiert

Helfen sollten auch die Medikamente, die er bekam. „Und das waren sehr viele“, erinnert sich seine Lebensgefährtin. Die Tabletten blieben nicht ohne Nebenwirkungen. Georg S. nahm 30 Kilo zu, konnte sich nicht konzentrieren, entwickelte einen Tremor, zitterte ständig. Als er im November 2018 zum ersten Mal im Ambulanticum war, war ihm alles zuviel. „Die Therapeuten haben mit Engelszungen auf mich eingeredet“, sagt Georg Seelbach heute. „Aber es fehlte an der Konzentration, ich war deprimiert, wenig motiviert.“ Nach nur vier Tagen brach er die erste Therapiephase ab.

In Absprache mit seinem Neurologen entschieden Georg S. und seine Lebensgefährtin die Medikamente neu zu dosieren – indem sie sie reduzieren. Im April 2019 wurde ein Anti-Epilektikum langsam ausgeschlichen. „Das war die richtige Entscheidung“, weiß Georg S. heute. Er konnte sich wieder konzentrieren, war motiviert nicht deprimiert, verlor Gewicht und konnte sein Ziel verfolgen: endlich wieder zu laufen.

Ein großes Stück Selbstständigkeit

Zwölf Mal ist er seitdem zur Intensivtherapie im Ambulanticum gewesen. Im Sommer 2019 schaffte er zum ersten Mal 200 Meter auf dem C-Mill, etwas später stieg er Treppenstufen hoch. Erst lief er am Unterarmgehwagen, dann lernte er, mit Nordic Walking Stöcken zu gehen und mit Rollator voranzukommen. Er arbeitete mit seinem Therapeut:innen an seiner Rumpfstabilität, übte Gewichtsverlagerung, absolvierte Neuroathletik-Übungen und trainierte seine Feinmotorik. Während des ersten Corona-Lockdowns war er drei Monate lang zu Hause. Die Werkstatt, in der er arbeitet, war geschlossen. Also trainierte er unterstützt von seiner Lebensgefährtin viel mit dem Rollator. Mit Erfolg: Zu seiner Therapiephase im Juni 2020 betrat er das Ambulanticum zum ersten Mal nicht im Rollstuhl, sondern mit Rollator.

Seit seinem ersten Aufenthalt im Ambulanticum hat sich viel getan: Sein Gleichgewicht ist stabiler geworden, Übungen im Space Curl kann Georg S. besser umsetzen. „Ich habe mir ein großes Stück Selbstständigkeit erarbeitet“, sagt Georg S., der seit Ende 2021 auch wieder zu Hause wohnt.  Das Eigenheim wurde während seiner Krankenhausaufenthalte umgebaut und durch die Therapien und Übungen im Ambulanticum kann der 52-Jährige sich alleine anziehen, Hände waschen, Geschirr aus den Schränken holen und stehen. „Die Zeit im Ambulanticum hat mich ordentlich nach vorne gebracht. Allein frei stehen zu können, war für mich ein enorm wichtiger Schritt“, sagt Georg S.. „Und ich arbeite weiter. Ich mache immer noch Fortschritte, auch wenn sie kleiner sind.“



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