Lehrstuhl für Produktionssysteme (LPS) – Ruhr Universität Bochum

Der Lehrstuhl für Produktionssysteme der Ruhr-Universität Bochum und das Ambulanticum forschen seit 2016 gemeinsam im Rahmen verschiedener Projekte zu Fragestellungen der geräteassistiven Therapie bei neurologisch induzierten Funktionsverlusten. Der fachübergreifende Austausch bietet dabei eine ideale Grundlage für die ganzheitliche patientenzentrierte Geräteentwicklung.

Der Lehrstuhl für Produktionssysteme wurde im Jahre 1976 durch Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Maßberg an der Ruhr-Universität Bochum in der Fakultät für Maschinenbau gegründet. Von 1999 bis 2015 wurde der Lehrstuhl von Prof. Dr.-Ing. Horst Meier in vielen Bereichen neu ausgerichtet, kontinuierlich erweitert und erfolgreich weitergeführt. Seit April 2015 wird der LPS von Prof. Dr.-Ing. Bernd Kuhlenkötter geleitet.

Vor dem Hintergrund eines stetigen Wandels, der immer wieder neue Anforderungen an den Produktionsstandort Deutschland stellt, sieht der Lehrstuhl seine Aufgaben in der zukunftsorientierten Ausbildung von Ingenieuren und in der Entwicklung von innovativen und anwendungstauglichen Lösungen.

Seit seinem Bestehen hat es der LPS stets verstanden, sich nicht von den kontinuierlich technischen und wirtschaftlichen Veränderungen treiben zu lassen, sondern diese aktiv mitzugestalten. Der LPS wird sich auch zukünftig im Rahmen der akademischen Lehre und innerhalb seiner Forschungsschwerpunkte an den aktuellen Fragestellungen aus dem Bereich der Produktion orientieren und somit zur Sicherung des Produktionsstandortes Deutschland beitragen.

Forschungsfelder des LPS:

  • Produktionsmanagement
  • Produktionsautomatisierung
  • Product-Service-Systeme
  • Medizintechnik

Weitere Informationen zum LPS:

www.lps.ruhr-uni-bochum.de

Kontaktdaten:

Prof. Dr.-Ing. Bernd Kuhlenkötter
Lehrstuhl für Produktionssysteme
Ruhr-Universität Bochum
Industriestr. 38c
44894 Bochum
Deutschland
Tel: +49 234 32-26310

„Ich wollte immer sehen, wie weit ich komme.“

Querschnittpatient Robert Steinbeck arbeitet im Ambulanticum an seinem Gangbild

Robert Steinbeck war 20 Jahre alt, als ein schwerer Autounfall sein Leben von einer Sekunde auf die andere veränderte. Er saß auf dem Beifahrersitz, als das Auto erst in einen Graben und dann gegen einen Baum fuhr. Der damalige Kfz-Mechaniker erlitt einen Halswirbelbruch. Er wurde ins Krankenhaus geflogen. Operiert. Lag 3,5 Wochen im künstlichen Koma, erlitt zwei Herzstillstände. Doch er überlebte – aller Prognosen zum Trotz.  Als er wach wurde, war er vom Hals abwärts gelähmt. Die Aussicht: ein Leben im Rollstuhl. Heute spielt Robert Steinbeck Rollstuhl-Rugby – und kann wieder gehen.

Zeigen, dass es anders geht

„Das Rückenmark ist durch. Das haben die Ärzte mir gesagt, als ich wach geworden bin“, erinnert sich Robert Steinbeck an die Worte, die erst einmal alles auf den Kopf stellten. Erst einmal. Denn der junge Auszubildende kämpfte, gab nicht auf. „Ich habe mir immer wieder gesagt: Ich zeig´, dass es anders geht.“

Sieben Wochen nach dem Unfall konnte Robert Steinbeck einen Zeh bewegen. Minimal zwar, aber es war ein Anfang. „Die kleinen Schritte sind entscheidend“, weiß er heute. „Sie zusammen führen zum Ziel.“ Als er im Krankenhaus einen Traum hatte, in dem er seine Beine bewegen konnte, erzählte er es aber niemanden: „Mir wurde ja immer gesagt, dass Laufen nicht drin sein wird.“ Also setzte er sich ein anderes Ziel: eigenständig leben können. „Ich wollte mich selbst anziehen und allein hochkommen, wenn ich mal falle“, so der heute 42-. Diese Ziele hat Robert Steinbeck längst erreicht. Und noch mehr. Nach 3,5 Monaten in Therapie war er das erste Mal auf einem Laufband. „Da bin ich die ersten 100 Meter gelaufen. In 12 Minuten und 31 Sekunden“, weiß er noch heute.

Therapiemüde

Nach sechs Monaten wurde er aus dem Krankenhaus entlassen. Zwei Jahre nach dem Unfall hatte er die erste Reha.  „Dort habe ich angefangen, frei zu laufen. Ich bin oft hingefallen. Aber das war mir egal. Ich wollte sehen, wie weit ich komme.“ Einen eigenen Rollstuhl besaß er nie. Er wollte ohne vorankommen. 2007 machte er eine zweite Reha, dazwischen folgten viele Einzeltherapien. Dann lange Zeit nichts mehr. „Irgendwann war ich therapiemüde“, sagt Robert Steinbeck rückblickend. Er machte fast sieben Jahre eine Therapiepause. Konzentrierte sich auf sein Berufsleben. Machte eine Umschulung. Ging eine zeitlang zur Abendschule. Und fand einen Teilzeitjob an der Uni Hamburg. Dort arbeitet er heute als Teamassistenz am Lehrstuhl für Physik. Die Wege zwischen den Gebäuden, zu Büros und Hörsälen legt er nicht im Rollstuhl zurück – er läuft mit Gehhilfen.

Ganganalyse im Ambulanticum

„Dabei lag mein Fokus lange nicht auf dem idealen Gangbild“, gibt er unumwunden zu. Und das macht sich bemerkbar. „Ich habe mir eine Technik angewöhnt, die mich zwar vorwärts-, aber meine Gesundheit nicht weiterbringt“, sagt Robert Steinbeck. Wenn er läuft, ist sein Bein durchgestreckt, er schwingt vorwärts, nimmt seinen ganzen Oberkörper mit. Irgendwann machte der Rücken Probleme. Die Schmerzen waren so stark, dass der 42-Jährige nur noch krabbeln konnte. „So bin ich auf und ins Ambulanticum gekommen“, schildert er. Und dort wurde „Tacheles geredet“, wie er selbst sagt. Videoaufnahmen, Ganganalysen und das Feedback der Therapeut*innen zeigen dem Patienten: Die Technik, die er entwickelte, hat mit Gehen nicht viel zu tun und schadet dem Rücken und den Knien. Im Ambulanticum trainiert Robert Steinbeck seitdem an einem besseren Gangbild. Lieber langsam und richtig gehen, ist jetzt die Devise. Die Therapie sei intensiv, aber „phänomenal“, so Steinbeck. „Das habe ich zuvor noch nie erlebt. Auch in meinem Umfeld nicht. Hier wird individuell auf jeden eingegangen und alles greift ineinander. Das ist fantastisch.“

Hobby: Rollstuhlrugby

In einen Rollstuhl steigt der frühere Fußballer meist nur in seiner Freizeit. Robert Steinbeck  spielt seit 2011 Rollstuhlrugby, seit 2015 ist er Abteilungsleiter beim Rollstuhlrugby-Team des Alstersport e.V.. Einmal in der Woche wird trainiert, in der Regionalliga tritt die Mannschaft gegen andere Teams aus dem Norden an. „Da geht es dann schon richtig zur Sache“, erzählt der begeisterte Hobby-Sportler. „Es ist ein bisschen wie Autoscooter-Schach. Sehr taktisch, aber auch mit Vollspeed. Und viel Spaß.“ Robert Steinbeck lächelt: „Das Miteinander, die Teamzugehörigkeit ist wichtig und hat einen unglaublichen Mehrwert. „Das hätte ich schon viel früher machen sollen“, sagt er und zuckt kurz mit den Schultern. Zurückschauen ist nicht wirklich sein Ding. Wichtiger ist ihm nach vorne zu blicken. „Auch 20 Jahre nach meinem Unfall kann ich noch mehr rausholen. Nach all der Zeit kann ich jetzt zum Beispiel wieder 10 Sekunden auf meinem rechten Bein stehen.  Ich habe gelernt: Es geht immer etwas!“

 

Von Anfang an dabei: 10 Jahre Mitarbeiterin im Ambulanticum

Silke Biesemann und Anna Heun gehören seit 2012 zum Team

Ein Team aus 34 Mitarbeitenden, mehr als 200 Patient:innen pro Jahr, moderne Therapiegeräte,  internationale Kooperationen und zahlreiche Erfolgsgeschichten: Seit der Gründung des Ambulanticum im März 2012 ist viel passiert: Vom Exoten im etablierten Gesundheitssystem hat sich die ambulante Einrichtung zu einem Therapiezentrum entwickelt, das in der patientenorientierten Nachsorge neue Maßstäbe setzt. Eine Entwicklung, die Silke Biesemann und Anna Heun miterlebt und auch mitgeprägt haben. Die beiden Ambulanticum-Mitarbeiterinnen sind von Anfang an dabei und seit zehn Jahren Therapeutinnen in Herdecke.

„Das Ambulanticum hat damals etwas ganz Neues in der neurologischen Therapie angeboten. Das fand´ ich spannend“, blickt Silke Biesemann zurück. Seit dem 1. Februar 2012 gehört die Ergotherapeutin zum Ambulanticum-Team. Sie hat die Anfangszeit hautnah mitgemacht. Hat erlebt, wie Therapieabläufe gemeinsam entwickelt und das Team ganz bewusst interdisziplinär aufgebaut wurde. „Jeder kam aus einer anderen Richtung. Physiotherapeuten, Sportwissenschaftler, Ergotherapeuten arbeiteten zusammen – das war für mich neu. Und sehr interessant“, so die 53-Jährige.

Kein Schema F

Eine weitere Fachdisziplin kam kurze Zeit später mit Sprachtherapeutin Anna Heun dazu. Im Mai 2012 hat sie das Team ergänzt, das zu der Zeit noch weniger als zehn Mitarbeitende zählte. „Mich hat von Anfang an überzeugt, dass im Ambulanticum die Patient:innen im Mittelpunkt stehen. Es zählt, was ihnen guttut. Und dafür schauen wir immer wieder über den Tellerrand“, erklärt Anna Heun, warum sie bis heute gerne im Ambulanticum arbeitet.  Nicht nach Schema F vorzugehen, ist ihr und dem gesamten Team wichtig. „Ich konnte von Anfang an eigene Ideen einbringen, mich selbst ausprobieren, Neues einbringen. Dafür gab es Verständnis und vor allem Unterstützung“, so die gebürtige Herdeckerin, die ihren Job auch nach zehn Jahren sehr mag. „Ich gehe einfach gerne zur Arbeit ins Ambulanticum. Ich kann sehr individuell arbeiten und das Team ist einfach toll.“

Kleine Schritte – große Wirkung

Gemeinsam mit Silke Biesemann und dem gesamten Team hat sie seit der Gründung viele Menschen auf ihrem Weg zurück in ein möglichst selbstbestimmtes Leben begleitet und unterstützt. Einzelne Erfolgsgeschichten möchten beide da gar nicht hervorheben. „Es gibt so viele Beispiele. Und manchmal sind es die kleinen Schritte, die für die einzelnen eine große Wirkung haben“, sind sie sich einig. Schließlich kommen viele Patientinnen und Patienten mit schweren Krankheitsbildern. Sie sitzen nach Unfällen im Rollstuhl, können nach Schlaganfällen nicht mehr sprechen und laufen oder haben mit den Folgen eines Schädelhirntraumas zu kämpfen. Der Weg zurück ins Leben ist da sehr mühsam – und auch mal von Rückschlägen geprägt. „Da ist es dann wichtig, Mut zuzusprechen, Geduld zu haben und nicht aufzugeben“, so Anna Heun.

Patient:innen aus aller Welt

Auch nach zehn Jahren entwickelt sich das Therapiekonzept im Ambulanticum immer weiter. „Das ist ein kontinuierlicher Prozess. Der Stand, auf dem wir jetzt sind, ist ja über all die Jahre gewachsen“, so Silke Biesemann. Therapiegeräte haben sich weiterentwickelt, neue Kooperationen sind entstanden, neue Kollegen und Kolleginnen hinzugekommen – und Patienten aus aller Welt. Menschen aus ganz Deutschland, aber auch aus den Niederlanden, aus Russland oder Jordanien kommen nach Herdecke, um sich im Ambulanticum behandeln zu lassen. Selbst wenn die Corona-Pandemie die Arbeit in den vergangenen zwei Jahren erschwert hat: Es ging immer weiter. Und das soll es auch die nächsten zehn Jahre und darüber hinaus: „Was mit dem Ambulanticum entstanden ist, ist wirklich einmalig“, finden auch die beiden Mitarbeiterinnen, die zusammen mit dem Therapiezentrum ihr Zehnjähriges feiern.

 

Ambulanticum-Gründer veröffentlicht Mutmach-Biographie

Dr. Bernhard Krahl erzählt in „Schlagseite“ von seinem Weg in sein zweites Leben

Herdecke, 9. Mai 2022. Ambulanticum-Gründer und -Geschäftsführer Dr. Bernhard Krahl hat sein erstes Buch veröffentlicht. In seiner Autobiographie „Schlagseite“ erzählt der 75-Jährige aus seinem Leben – von seiner Kindheit und Jugend in Hagen über seine Schlaganfälle und den Weg zurück in einen selbstbestimmten Alltag bis hin zum 10. Geburtstag des Therapiezentrums Ambulanticum. Die Autobiographie kann ab sofort online bestellt werden. Auf der Website www.ambulanticum.de gibt es nicht nur weitere Informationen und Leseproben zum Buch, sondern auch ein Bestellformular.

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